Wir haben getrunken, geträumt und getanzt
mit Ideen von Freiheit und Frieden und Freundschaft.
Ganz kleine Würstchen war‘n wir,
doch zusammen so groß
wie Goethe und Henscheid,
wie Schopenhauer und Lichtenberg,
Hüsch und Hildebrandt,
wie Sinatra und die Ärzte.
Wir haben getrunken, geliebt und gespielt,
entrückt, berauscht,
ausgehungert, ausgezehrt,
bedürftig, begierig nach
Aufmerksamkeit und Anerkennung,
nach Ruhm.
Glück und Geld,
Alkohol und Frauen.
Wir waren sensibel und sonderbar,
albern, verquer und genial,
arrogant und exzentrisch.
Reizvoll und doch
war Vorsicht geboten.
Denn
wir hatten unsere Vergangenheiten,
die waren dunkel,
voller Enttäuschungen und Trauer,
Missachtung und Demütigung.
Und Aufbegehren,
vor allem Begehren
nach Aufmerksamkeit und Anerkennung.
Denn
wir waren wichtig.
Wir hofften, ahnten, vermuteten,
und dann waren wir sicher,
dass wir wichtig waren.
Denn wir wussten mehr.
Und deshalb war Vorsicht geboten.
Dabei wollten wir eigentlich nur Kabarett machen.
Wir haben philosophiert,
Bilder gemalt,
uns lustig gemacht
und Quatsch;
Dinge mal ernst genommen, mal verworfen,
in Bausch und Bogen.
Menschen verehrt, vergöttert,
gehasst, durch den Schmutz gezogen,
verhonepipelt und lächerlich gemacht.
Geschimpft haben wir,
gepöbelt, gelästert,
geklagt und getrauert.
Und geträumt.
Wir haben Vorschläge gemacht,
Dinge beim Namen genannt,
Tacheles geredet,
auf den Tisch gehauen
und gesagt, wie es ist,
wie es sein könnte, sollte und müsste.
Denn eigentlich wollten wir nur Kabarett machen.
Gestritten haben wir
Über den Weg und das Ziel
Das Sein und das Bewusstsein.
Weil es ja einen Sinn geben musste
hinter all dem,
was aus uns heraussprach.
Und dann kamen die Frauen;
die Frauen, die auch wichtig waren.
Und dablieben.
Die gefährlichen Frauen,
weil sie womöglich
noch wichtiger waren.
Und das Sein verdrängte das Bewusstsein.
Auf einmal waren wir Separatisten.
Ehrgeizig und angreifbar,
eifersüchtig und selbstgerecht;
Eigene-Süppchen-Kocher,
Heulsusen und Stänkerer.
Und dann machten wir Kabarett.
Und merkten es gar nicht.
(Andreas Scheffler, November 2020)
Ein ganz neuer Scheffler
Morgen wären wir life zusammen – hoffentlich bald wieder. Einen schönen ersten Advent